Die Ortsgruppen Ulm, Neu-Ulm, Günzburg und Krumbach haben sich mit über 80 Helfern zu einer gemeinsamen Übung Rinds um die Wilhelmsburg getroffen. Nach zweimonatiger Planung standen eigentlich Dinge auf dem Programm, die den Helfern routiniert von der Hand gehen. Fiktiv hat die Stadt Ulm die Notwendigkeit gesehen, zwei Außenseiten der Wilhelmsburg bei Dunkelheit zu beleuchten. Auf rund 700 Metern Strecke standen etwa 30 Stative mit Scheinwerfern und machten das historische Gebäude taghell. Hunderte Meter Kabel mussten dazu verlegt werden und Notstromaggregate positioniert werden. Im echten Einsatz kann so eine Beleuchtung bei einem großflächigen Stromausfall notwendig werden, um zum Beispiel Notunterkünfte oder Bahnhöfe auszuleuchten.
Gleichzeitig wurde im Innenhof der Wilhelmsburg ein Camp aus rund einem Dutzend Zelten aufgebaut, um für Helfer und Anwohner eine Notunterkunft zu stellen. Die Zelte wurden dabei voll ausgestattet mit Tischen und Bänken als Aufenthaltsmöglichkeit und andere Zelte waren zum Schlafen vorgesehen. Selbstverständlich wurde auch ein Verpflegungszelt aufgebaut, in dem für das Übungsende ein gemeinsames Essen gekocht wurde.
Um die großen Mengen an Material wie schwere Stromaggregate oder Biertischgarnituren zügig bewegen zu können, war ein THW-Radlader zwischen den Lastwagen und Anhängern voller Material unterwegs. Die Führungseinheiten der verschiedenen Ortsgruppen mussten sich dabei so koordinieren, dass jeder den Radlader nutzen konnte, ohne die Arbeiten der anderen Ortsgruppen zu blockieren.
Während diese Arbeiten laufen, spielt die Übungsleitung plötzlich eine Störung ein. Eine vermisste Person muss gesucht werden. Einheiten müssen ihre Arbeiten dafür unterbrechen, stellen binnen Minuten Suchtrupps mit Handlampen zusammen. Im dunklen Burggraben werden sie schließlich fündig. Eine Frau ist dort abgestürzt, unter dem aufgerissenen Hosenbein ist ein stark blutender offener Bruch zu sehen.
Die Helfer dürfen sich jetzt aber nicht blindlings auf die Wundversorgung stürzen, den die Schwerverletzte erzählt nebenbei, dass ihre drei Kunder ebenfalls fehlen.
Nun laufen Vermisstensuche und Verletztenversorgung parallel zu den anderen Aufbauarbeiten, in den Funkkanälen des THW schwirren die Funksprüche, ohne dass Hektik oder ein Durcheinander herauszuhören ist.
Im Inneren der Wilhelmsburg wird ein verrauchter Raum gefunden, aus dem Hilferufe schallen. Nun müssen die nächsten Helfer aus ihren bisherigen Arbeiten herausgeholt werden. Benötigt werden Helfer, die unter Atemschutz arbeiten können, um in dem Raum weitersuchen zu können.
Dort hat ihnen die Übungsleitung gleich eine ganze Menge Hindernisse eingebaut. Der künstliche Neben ist so dicht, dass man die Hand am ausgestreckten Arm nicht mehr sehen kann. Eine an der Eingangstür festgebundene Leine wird mitgeführt, um jederzeit den Rückweg zu finden.
Dann geht es nur noch durch einen Kriechgang weiter. Miteinander verbundene Paletten bilden einen Tunnel, der auf halber Strecke mit einer Baustahlmatte versperrt ist. Die beiden Helfer mit den schweren Atemschutzflaschen auf dem Rücken müssen rückwärts aus dem Tunnel kriechen, einen Bolzenschneider holen und erneut hineinkriechen. Immer wieder sind die Hilfe-Rufe zu hören und setzen die Übungsteilnehmer zusätzlich unter Druck. Als die Baustahlmatte überwunden ist, kommen die Helfer immer noch nicht aus dem Tunnel heraus, nun müssen sie noch Bretter, die den Weg blockieren, durchsägen. Das geht auch erst, nachdem sie erneut zurückgekrochen sind und eine Säge geholt haben.
Im dichten Neben nach dem Tunnel suchen sie dann die Räume systematisch ab, treffen dabei aber auf ein umgekipptes Faß mit Gefahrgut. Rücksprache per Funk mit der Übungsleitung, um anhand der Kennzeichnung herauszufinden, um welchen Stoff es sich handelt und wie man damit umgehen muss. Dann endlich sind die ersten Verletzten gefunden. Sie können nicht gehen, müssen auf Tüchern aus dem Gebäude gezogen werden, dazu geh es wieder durch den Tunnel.
Ein weiterer Trupp hat endlich auch das dritte vermisste Kind gefunden, doch dann entdeckt einer der Helfer die blaue Übungshandgranate in der rechten Hand des Kindes, dass dann auch noch sagt, dass ihm der Sicherungsstift herausgefallen ist. Wenn das Kind die Hand öffnet, bleiben noch drei Sekunden, bis die Eierhandgranate explodiert. „Nicht die Hand öffnen!“ ruft der Helfer und schiebt seinen Kameraden hinter das nächste Mauereck zurück. Ein „Hast Du gesehen, was der in der Hand hält?“ klingt richtig panisch, doch eine Sekunde später wird mit trockener Stimme per Funk eine Meldung nach draußen gegeben, dass die Handgranate in der Kinderhand ist. Von außen der vollkommen korrekte Befehl „Rückzug!“ Und ein Entschärfen wird alarmiert. Da es eine Übung ist, gelingt die „Entschärfung“ problemlos.
Draußen in der Zeltstadt ist zwischenzeitlich das Essen fertig und in den gemeinsamen Gesprächen konnte der Stress der Übungszwischenfälle abgebaut werden. Die schwerverletzte Mutter wurde übrigens in der Zwischenzeit mit dem Ladekran eines THW-Lkw und einer Schleifkorbtrage schonend nach oben geholt und im Verwundetenzelt des Camps erfolgreich behandelt.
Text/Foto 1-4: Thomas Heckmann
Foto 5-6: Stefan Kimel